Es wird immer besser:

Sie können sich zwei Beispiele für Rechtschreib- oder Tippfehler ansehen,
die ich auf Ihrer Website gefunden habe.

Jetzt schickt uns unsere altbekannte Spammerin, diesmal unter dem Namen „Barbara W.“, die „Fehler“ in unserer Wörterliste für alte Rechtschreibung zu:

Fehlerhaftes Wort: hersein

Auf dieser Seite: fehler-haft.de/wissen/altundneu.html

Wollen Sie weitere Fehler auf Ihrer Website durch mich finden lassen?

Ganz sicher nicht.

Eine Dame von rechtschreib-app-testen.com hat uns eine Mail geschrieben und möchte uns ein Angebot machen für die Korrektur unserer Webseite.

Ich möchte Sie auf einige Tippfehler aufmerksam machen, die ich während des Testens meiner Online-App auf Ihrer Website gefunden habe.

Das an sich ist noch nichts Ungewöhnliches, auch Lektoren machen Tippfehler und brauchen für die Korrektur ihrer eigenen Seiten ein zweites Paar Augen.

Sie können sich zwei Beispiele für Rechtschreib- oder Tippfehler ansehen, die ich auf Ihrer Website gefunden habe.

Misspelled word: zugrundegelegte
Here: fehler-haft.de/preisliste.htm

Allerdings sollte man dann auch Deutsch sicher beherrschen, wenn man anderen ungefragt Werbung für Korrekturdienstleistungen schickt. Zugrundegelegte ist in diesem Fall nämlich kein Fehler, da es attributiv verwendet wird.

Von der Verwendung automatischer Korrekturen können wir nur abraten. Sie finden nur einfache Fehler und versagen regelmäßig bei komplexeren Problemen. Dass die „Rechtschreib-App“ schon bei einfachen Grammatikfragen wie hier im Beispiel falschen Alarm gibt – und die Korrektur eines richtigen Wortes vorschlägt – sagt eigentlich alles.

Die Floskelwolke nimmt die Kritik sportlich und listet sie sogar im Pressespiegel. Legen wir also noch einen drauf. 😉

Immerhin, die humanitäre Katastrophe, die anfangs fälschlicherweise noch als falsches Deutsch deklariert und als Floskel gelistet war, wird nun nicht mehr angeprangert, sie wurde durch die „menschliche Katastrophe“ ersetzt. Die evakuierten Menschen sind jedoch weiterhin dabei. Aber was lacht einen da eigentlich recht zentriert in der Mitte der Floskelwolke an? Das Offensichtliche übersieht man eben doch am leichtesten.
Floskelwolke
Quelle: Floskelwolke.de von Udo Stiehl/Sebastian Pertsch

Tote gefordert. Vor kurzem sogar noch der am häufigsten gelistete Begriff. In der Tat ist das eine gängige und oft gehörte Wendung. Nur die Erklärung macht stutzig:

Ereignisse können nichts fordern. Der „Absturz eines Hubschraubers hat drei Tote gefordert“ ist falsch. (…) Abstürzende Hubschrauber sprechen nicht.

Doch, das tun sie. Das nennt sich übertragene Bedeutung und ist ein ganz normaler Vorgang in der Sprache: Dinge, Vorgänge und Situationen materialisieren und personalisieren sich oder bekommen plötzlich eine Dynamik, die man ihnen nie zugetraut hätte.

Ohne Überträge geht’s nicht. Wenn man anfängt, mit vordergründiger Logik die Sprache zu zerpflücken, um zu verhindern, dass Begriffsbilder einen Sachverhalt zusammenfassen, dann kann man es auch gleich sein lassen. Es ließe sich niemand mehr wachrütteln, Fragen könnten nicht offenbleiben, es gäbe nicht mal mehr Naheliegendes.

Picken wir mal wahllos einen Artikel heraus und schauen uns spaßeshalber die Bestandteile an, die eine übertragene Bedeutung haben, z.B. diese DPA-Meldung, „Waffen für den Irak: Steinmeier bleibt vage“. Sie enthält sage und schreibe die folgenden 17 (!) Begriffe mit übertragener Bedeutung:

1. ausloten
2. eine Rolle spielen
3. fallende Begriffe
4. unter vier Augen sprechen
5. das Wort in den Mund nehmen
6. vornehm zurückhalten
7. Verantwortung abschieben
8. etwas entgegensetzen
9. Spielraum lassen
10. entfernt scheinen
11. sich der Meinung entgegenstellen
12. liegende Probleme
13. durch die Hintertür kommen
14. Klarheit bringen
15. auf dem Tisch liegende Fakten
16. eine einheitliche Linie hinbekommen
17. auseinandergehende Meinungen

Bei allen Wendungen könnte man vorbringen, dass da nicht wirklich etwas gesetzt, geschoben oder versenkt wird, nichts fällt, steht, geht oder liegt. Die Hintertür bleibt geschlossen, der Mund frei und der Tisch ebenso. Und von der Meldung bliebe nicht mehr viel übrig.

Ereignisse, die Opfer fordern, klingen durchaus floskelhaft. Aber sie sind deshalb noch lange kein falsches Deutsch. Man findet sie sogar im Duden. Auch als Journalist kann man die Redewendung daher ruhigen Gewissens verwenden. Nur vielleicht mal etwas weniger häufig.

Man könnte annehmen, Journalisten hätten andere Probleme als den inflationären Gebrauch von Floskeln. Die gerade durch die Berichterstattung geisternde Floskelwolke will den Gegenbeweis antreten. Doch man merkt ihr an, dass hier keine Sprachwissenschaftler am Werk waren. Die Floskelwolke listet durchaus eine Menge dümmlicher Floskeln auf, die den verständigen Leser nerven und in sich selbst unlogisch sind, darüber hinaus aber auch Phrasen, die lediglich die Macher zu nerven scheinen – und Begriffe, die mit Floskeln nichts zu tun haben.
Floskelwolke
Quelle: Floskelwolke.de von Udo Stiehl/Sebastian Pertsch

Zum Beispiel:

Menschen evakuieren
Wer sich am Evakuieren von Menschen stört, hat nicht verstanden, dass Begriffe im Deutschen nicht selten mehrere Bedeutungen haben – und sich Bedeutungen von Zeit zu Zeit sogar verschieben. Neben dem physikalischen Luftleermachen steht evakuieren seit Jahrzehnten sinnbildlich für das Aussiedeln von Bewohnern. Was die alten Römer darunter verstanden, ist nicht relevant. Wer möchte, kann daher beruhigt Menschen evakuieren (aus was auch immer). Die Gebiete, aus denen evakuiert wird, schwingen unsichtbar mit. Andernfalls dürfte es das Substantiv Evakuierter (im Duden nicht erst seit gestern) ebenfalls nicht geben.

Datendiebstahl
Der Techniker weiß: Digitale Daten werden selten tatsächlich gestohlen. Und der Jurist weiß: Erpressung ist in Wirklichkeit meistens Nötigung. Beides hat mit normaler Sprache dennoch nichts zu tun. Um den Vorgang des Entwendens zu beschreiben (ob nun vollständig oder in Kopie), ist die Verwendung des Diebstahl-Bildes, das den ungewollten Verlust illustriert – denn darauf kommt es an – absolut legitim.

zeitgleich
Ist keine Floskel, sondern schlicht ein Wortfehler, wenn es im Sinne von gleichzeitig verwendet wird. Allerdings kann mittlerweile bereits davon ausgegangen werden, dass sich zeitgleich zum Synonym von gleichzeitig mausert – und daher eine Doppelbedeutung erhält, wie es schon bei scheinbar und anscheinend zu beobachten ist.

Grünes Licht
Ein wunderschönes Bildnis für signalisierte Zustimmung – Nervfaktor: Null.

Humanitäre Katastrophe
„Eine Katastrophe kann nicht (…) menschlich sein“. Natürlich nicht die Katastrophe an sich, aber die Katastrophe besonders schlimm für das menschliche Leben. Genau das möchte der Begriff ausdrücken und schafft es auch – in Abgrenzung etwa zur Umweltkatastrophe (die auch nicht durch, sondern für die Umwelt schlimm ist).

Projekte wie das Floskelwolke-Verzeichnis sitzen dem Irrtum auf, dass vermeintlichen Fehlentwicklungen durch Sichtbarmachung entgegengetreten werden kann. Das jedoch bleibt ein frommer Wunsch. Bestenfalls verarmt die Sprache oder der Schreiber beraubt sich legitimer Stilmittel. Das Einzige, was gegen dämliche Phrasen hilft, sind weniger dämliche Phrasen. Journalisten tun daher gut daran, sich ihre eigenen Gedanken zu machen, sich nicht an (Negativ-)Verzeichnissen zu orientieren, sondern generell ausgetretene Pfade zu verlassen und auch in sachlichen Texten frisch und phantasievoll zu formulieren. Zur Kontrolle, ob die platten Wege aktuell auch wirklich verlassen wurden, lässt sich die Floskelwolke dann wiederum gut gebrauchen.

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass die Wendung „das macht Sinn“ endgültig im deutschen Sprachgebrauch verankert ist, dann muss man den Leuten nur mal zuhören. Während bis in die 80er und 90er Jahre noch mehrheitlich, fast ausschließlich auch in der Alltagssprache, etwas Sinn ergab, wird dieser Ausdruck zwischenzeitlich von kaum jemandem mehr verwendet – außer, wenn er sich absolut gewählt und vornehm ausdrücken möchte. Sogar im akademischen Sprachgebrauch hat sich das Sinnmachen etabliert, in der allgemeinen Prosa und Belletristik sowieso.

Das macht Sinn
Das Logo der GLS-Bank macht Sinn

Im Duden ist die Phrase noch immer als umgangssprachlich deklariert, doch davon kann inzwischen kaum noch die Rede sein. Was bedeutet das konkret für die Korrekturpraxis? „Sinnmachen“ wird mit wenigen Ausnahmen (z.B. wissenschaftliche Arbeiten) normalerweise nicht mehr als Stilfehler korrigiert/markiert. Wo wir „macht Sinn“ noch vor einiger Zeit zu „ergibt Sinn“ geändert haben, bleibt es nun unangetastet.

Der verkappte Anglizismus make sense ist damit vollständig im Deutschen angekommen.

Kurze Schrecksekunde: Heißt das nicht „darnieder“?

Beck liegt danieder

Puh, Glück gehabt, beides ist möglich: darnieder als auch danieder. Das ZDF hat sich hier für die moderne Fassung entschieden.

In der Psychologie gibt es das „Verneinungsproblem“: man kann sich hundertmal sagen, dass man irgendetwas nicht tun möchte – das Gehirn merkt sich trotzdem nur den ersten Teil, egal, wie oft man sich ein Nein dazudenkt. Dumm also z.B., wenn man versucht, sich mit dem Satz „Ich will nicht mehr rauchen“ das Rauchen abzugewöhnen.

Insofern ist auch diese Veranstaltung hier eigentlich ziemlich kontraproduktiv, da sie fast immer nur die Fehler in den Mittelpunkt stellt. Deshalb heute einfach mal ein positives Beispiel, heute Mittag aus dem Briefkasten gefischt: Werbung für eine Lotterie, die es schafft, ohne Zuhilfenahme von Trennstrichen, falschen Leerzeichen, Kunstsprache oder Apostophen das Wort Extrachance richtig zu schreiben:

Extrachance

Erfrischend einfach. Bitte mehr davon!

Selten liest man in den Medien soviel von Hinrichtungen wie dieser Tage. Stutzig wird man allerdings, wenn manche Zeitungen die Exekutierten unterschiedlich bezeichnen. Die einen schreiben, dass selbige

am Montag gehängt worden

seien. Die anderen berichten, dass

gehenkt werden müsse.

Wer macht da also den Rechtschreibfehler? Niemand. Denn die Existenz von hängen/henken ist nur ein weiterer Beweis für sprachliche Vielfalt und hat auch nichts mit alter oder neuer Rechtschreibung zu tun. Wird jemand durch einen Strang vom Henker hingerichtet, so kann er beides sein: gehenkt oder gehängt. Dabei leitet sich „henken“ von Henker ab. Henken ist zudem das altdeutsche Wort, von dem unser heutiges, allgemeingebräuchliches „hängen“ („ein Bild aufhängen“) stammt.

Das bringt ein paar Besonderheiten mit sich: Selbstmörder, die sich mit einer Schlinge töten, haben sich nicht „erhenkt“ (da der Henker fehlt), sondern nur erhängt. Weitere sprachliche Kuriosität: als Henker bezeichnet man einen Vollstrecker auch dann, wenn er auf andere Art als mittels eines Stricks tötet. Der so Hingerichtete ist dann aber trotzdem nicht gehenkt, sondern allenfalls gerichtet worden.

Kein Fehler!

Permalink

Es ist trotzdem alles mit Ihnen in Ordnung, wenn Sie nach Lektüre dieses Artikels dort „Spermalink“ lesen.