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Re: Komma nach "zum Beispiel" und vor "um"

Verfasst: 08.11.2022, 08:49
von Aracan
Sehr interessante Diskussion, die ich etwas spät entdeckt habe. Für mein Teil folge ich der Auslegung von Gast, dass das Komma hier optional ist. Denn "zum Beispiel" lässt sich bei unverändertem Sinn nach "um" schieben:
Meist wird Primärenergie nur einmal genutzt, um zum Beispiel Strom oder Wärme zu erzeugen.
Hier ist das Komma vor "um" jedenfalls Pflicht. Man könnte außerdem "zum Beispiel" in Kommata setzen:
Meist wird Primärenergie nur einmal genutzt, um, zum Beispiel, Strom oder Wärme zu erzeugen.
Daher scheint mir "zum Beispiel" sehr wohl Teil der Infinitivgruppe zu sein, auch wenn Duden an der einschlägigen Stelle keine Infinitivgruppen anführt.

Re: Komma nach "zum Beispiel" und vor "um"

Verfasst: 09.11.2022, 00:44
von qwerty
Wirklich interessant. Hätte nicht gedacht, dass sich eine scheinbar eindeutige Konstellation so auffächern lässt.
Gast hat geschrieben:
07.11.2022, 16:46
In § 74 E1 heißt es ja: "Besteht die Einleitung eines Nebensatzes aus einem Einleitewort und weiteren Wörtern, ...", womit Fälle wie "aber wenn" oder "zwei Tage bevor" gemeint sind. Die "weiteren Wörter" können also auch vor dem Einleitewort stehen, ohne dass dieses seine Einleitefunktion verliert.
Generell habe ich ein wenig Bauchschmerzen, wenn zur Auslegung einer bestimmten Kommaregel Erläuterungen herangezogen werden, die aus einer anderen Regel stammen und dort in einem anderen Kontext stehen. Da würde ich die Übertragbarkeit erst mal grundsätzlich anzweifeln.
Eines der in der Regel genannten Beispiele ist etwa "Das Kind rannte, ohne auf den Verkehr zu achten, ..." - Erweitert man hier die Einleitung "ohne" um "ganz", verschiebt sich das Komma ebenfalls: "Das Kind rannte, ganz ohne auf den Verkehr zu achten, über die Straße."
Das ist allerdings ein stichhaltiger Punkt, der mich nachdenklich werden lässt. Nach meiner Argumentation dürften hier dann ebenfalls überhaupt keine Kommas stehen. Ob das im Sinne des Erfinders wäre, kann gerne bezweifelt werden.
Aracan hat geschrieben:
08.11.2022, 08:49
Für mein Teil folge ich der Auslegung von Gast, dass das Komma hier optional ist. Denn "zum Beispiel" lässt sich bei unverändertem Sinn nach "um" schieben
Guter Hinweis, das untermauert diese Betrachtung ebenfalls. Ich hätte das im ersten Moment als andere Konstellation wahrgenommen, aber die Bedeutung verschiebt sich dadurch nicht ansatzweise.

Es bleibt also festzuhalten, dass wir es hier wohl tatsächlich mit einem optionalen (wenn auch empfehlenswerten) Komma zu tun haben, wenn man § 75 nicht wortwörtlich gelten lässt und § 74 miteinbezieht.

Re: Komma nach "zum Beispiel" und vor "um"

Verfasst: 09.11.2022, 00:59
von qwerty
"Das Kind rannte, ganz ohne auf den Verkehr zu achten, über die Straße."
In diesem Beispiel kann man das "ganz" jedoch nicht verschieben, ohne dass sich die Bedeutung verändert. Ganz ohne ist etwas anderes als ohne ganz.

Hieße das dann im Umkehrschluss, dass die Erweiterung hier eben gerade nicht zum Teil der Infinitivgruppe geworden ist? Dann könnte man die Kommas in diesem Fall z. B. durch Einschub rechtfertigen, und § 75 wäre tatsächlich gar nicht beteiligt.

:hm:

Damit wäre ich wieder bei meiner ursprünglichen Annahme, dass es sich im Eingangsbeispiel um ein Pflichtkomma handelt. Dass man "zum Beispiel" durch Verschiebung nach hinten bei identischer Bedeutung auch zum Bestandteil der Infinitivgruppe machen kann, muss ja nicht zwangsläufig heißen, dass eine Einleitung nicht auch isoliert vor der Gruppe stehen darf. Und laut § 75 I dürfte sie nicht nur, sondern müsste dann auch mit Komma getrennt werden.

Re: Komma nach "zum Beispiel" und vor "um"

Verfasst: 09.11.2022, 10:18
von ch (=Gast)
qwerty hat geschrieben:
09.11.2022, 00:59
Hieße das dann im Umkehrschluss, dass die Erweiterung hier eben gerade nicht zum Teil der Infinitivgruppe geworden ist?
Mit Umkehrschlüssen sollte man wohl ebenso vorsichtig sein wie mit der Übertragung von Erläuterungen einer Regel auf eine andere (wo ich dir generell definitiv recht gebe). In diesem Fall, glaube ich, ist er nicht zulässig.

Was die Haltung des Duden speziell zur Konstellation "zum Beispiel(,) um" angeht: Googel doch mal Folgendes: "z. B. um" site:duden.de. :)